Die serbisch-orthodoxe Kirche ist eine versteckte Goldgrube
Miroslav Simijonovic (53) ist Erzpriester der serbisch-orthodoxen Kirche «Maria Himmelfahrt» in Zürich-Schwamendingen. Und Kirchenmaler. Er arbeitet nur mit echtem Gold. Es gehe darum, das «Himmelreich Gottes in die Kirche zu holen».
kath.ch / von Alice Küng
Zwischen Wohnhäusern versteckt ragt eine hellrote Kuppel hervor. Weisse verschnörkelte Säulen und Türbögen flankieren den Eingang. «Wir haben fast alles umgebaut», sagt Miroslav Simijonovic, Erzpriester der serbisch-orthodoxen Kirche «Maria Himmelfahrt».
Seit 15 Jahren nutzt die Gemeinde die ehemalige Neuapostolische Kirche in Zürich-Schwamendingen. «Sie haben uns ihre Gutmütigkeit gezeigt und geholfen, dieses Gebäude zu kaufen», sagt er. Heute erinnert der Baustil im Inneren der Kirche an eine alte Basilika. Das sei für die Gläubigen sehr wichtig. «Die Leute sollen sich hier zu Hause fühlen», sagt Simijonovic.
Das scheinen sie zu tun. Gemütlich sitzt eine kleine Gruppe um einen Tisch in der Eingangshalle. Sie unterhalten sich auf Serbisch, essen Weihnachtsguetzli und trinken Tee. Ein Feuer im Kamin wärmt den Raum. «Das erinnert mich an meine Kindheit und an die Wärme von Weihnachten», sagt Simijonovic.
Ein Theologe mit verborgenen Talenten
Die volle Pracht zeigt die Kirche aber erst im Obergeschoss. Zwei Treppen führen in den Gebetsraum. Ruhige Musik ist zu hören. Beim Eintritt stockt der Atem. Marmorboden, verzierte Emporen und Ikonografien an allen Wänden springen ins Auge. Das Gold in den Bildern bringt den Raum zum Leuchten.
«Ich hatte die Möglichkeit, die Kirchenmalerei zu gestalten», sagt Simijonovic. Neben Theologie hat er auch Kunst studiert. Mit seinen Ikonografien möchte er die Atmosphäre vom Himmelreich Gottes in die Kirche holen. Im Malen hat der Serbe Routine. Für ein Bild brauche er zwei bis drei Wochen. «Das Schwierigste ist die Bildkomposition», sagt er.
Wenn Gott die Heiligen umarmt
Seine Leidenschaft für die Kunst ist deutlich zu spüren. Eifrig erläutert Simijonovic die vielen Symbole in den Ikonen. In der Kuppelinnenseite ist der Christus Pantokrator abgebildet, Christus als Herrscher der Welt. Zwölf Propheten des Alten Testaments umrunden ihn. Gefolgt werden sie von den zwölf Aposteln des Neuen Testaments und den vier Verfassern der Evangelien.
«Gold ist sehr wichtig in der christlichen Kunst», sagt der Erzpriester. Es symbolisiere Gottes Licht. So bringe das Edelmetall die göttliche Präsenz ins Bild. «Der goldene Hintergrund in den Bildern bedeutet, dass Gottes Licht die Heiligen umarmt», sagt er.
Durch Gold ins Paradies
Simijonovics Lieblingsikonografie hängt im Parterre. «Das Bild verbindet zwei Kulturen», sagt der Erzpriester. In der Mitte ist Jesus Christus auf dem Thron abgebildet. Hinter ihm steht Maria. Auf der linken Seite sind die Heilige Verena aus Zurzach und der Heilige Sava aus Serbien mit einer Miniatur der Kirche «Maria Himmelfahrt» in der Hand abgebildet. Die Zürcher Stadtheiligen Felix und Regula mit dem Grossmünster stehen auf der rechten Seite.
Nicht nur in den Ikonografien ist das Edelmetall zu sehen. Auch der Kronleuchter und das Kreuz um Simijonovics Hals sind golden. «Für Reichtum steht das Gold im orthodoxen Christentum nicht», sagt er. Gemäss Gottes Offenbarung in der Bibel wurde der Tempel in Jerusalem und vor allem das Heiligtum ganz mit Gold versetzt. «Es symbolisiert das Paradies», sagt der 53-Jährige.
Die Qualität darf nicht leiden
Wie die meisten Migrationskirchen finanziert sich die serbisch-orthodoxe Religionsgemeinschaft durch Spenden und Mitgliederbeiträge. «2000 Familien sind aktiv», sagt Simijonovic. Noch heute fliesst das meiste Geld in den Bau der Kirche.
Die Renovation ist noch nicht abgeschlossen – und teuer. Für den Erzpriester ist nur die beste Qualität gut genug. Er verwende immer echtes Gold und richtigen Stein. «Nur so halten die Ikonen und die Objekte bis in die Ewigkeit», sagt er.
Corona raubt die Zeit
Dahinter steht eine Abmachung mit der Kirchenleitung. «Ich male ausschliesslich in meiner Freizeit, darf dafür aber die besten Materialien kaufen», sagt der Erzpriester. Hauptberuflich kümmert er sich um seine Gläubigen.
In der letzten Zeit komme Simijonovic jedoch nur selten zum Malen. «Es gibt immer mehr zu tun und weniger Zeit für das Malen», sagt er. Seit der Corona-Pandemie kontaktieren ihn die Gemeindemitglieder noch häufiger als sonst. «Täglich bekommen wir Pfarrer hunderte WhatsApp-Nachrichten und Mails», sagt er. Er liebe seine Gemeinde – jedoch verlange die auch viel von ihm ab. Das meditative Malen mit Gold gebe ihm viel Kraft.
Quelle kath.ch: https://www.kath.ch/newsd/die-serbisch-orthodoxe-kirche-ist-eine-versteckte-goldgrube/
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